Das Bennohaus – vom Haus der Jugend zum Kulturzentrum für das Ostviertel
Bemerkenswert und exemplarisch für die Veränderungen in der Alltagskultur zum Ende der 70er-Jahre entlang der „Wolbecker“ steht die Entwicklung des „Bennohauses“ am Kanal: von einem Haus der Jugendpflege zum „Stadtteilkulturhaus“.
Um 1925 wurde das Bennohaus vom Ruderverein Münster 1882 e.V. als Bootshaus gebaut und zur Lagerung der Boote und für Vereinsveranstaltungen genutzt. Aus Archivdaten geht hervor, dass die Stadtsparkasse Münster das Anwesen im Jahre 1938 in einer Zwangsversteigerung erworben und anschließend an die Stadt Münster verkauft hat. Der neue Eigentümer stellte es dem Ruderverein kostenlos unter der Auflage zur Verfügung, sich um den Schulsport zu kümmern. Tennisplatz sowie die Gaststätte mit Kegelbahn im Haus am Kanal wurden von der Bevölkerung rege in Anspruch genommen.
Während des 2. Weltkrieges nutzte die Wehrmacht das ‚Bootshaus‘ sowie alle sportlichen Anlagen, bis es durch Kriegseinwirkungen erheblich beschädigt wurde.
Vergeblich bemühte sich der Ruderverein in den ersten Jahren der Nachkriegszeit, das Bootshaus zurückzukaufen. Die Stadt Münster entschied sich gegen den Verkauf und richtete das Bootshaus an der Bennostr. 5 als „Haus der Jugend“ her, das aber auch die Bedürfnisse des Rudervereins berücksichtigen sollte.
So nutzten in den 50er Jahren neben dem Ruderverein verschiedenste Jugendverbände wie z.B. die Gewerkschaftsjugend, die „Evangelische Jugend“, die „Katholische Jugendbewegung Quickborn“, „Die Falken“, der „Stadtvolkstanzkreis und andere das Haus für Zusammenkünfte und Aktivitäten. Zeitweise wurde es auch als Jugendherberge zur Verfügung gestellt.
Vorschlagsskizze für Hinweisschilder zur Jugendherberge Bennohaus 1949 Stadtarchiv Münster
Jugendliche, die sich in Münster in einer Ausbildung befanden, aber keine Wohnung hatten, wurden hier in der Nachkriegszeit zeitweilig untergebracht. 1954 wurde das Haus teilweise renoviert. Der Stadtjugendpfleger führte in Kooperation mit anderen Verbänden offene Angebote im musischen Bereich für Jugendliche, später auch für Multiplikatoren der Jugendarbeit durch. Das Bennohaus, das älteste Jugendzentrum in Münster, wurde bis Juni 1978 nebenamtlich geleitet.
Fotos vom Bennohaus in den 70er Jahren Quelle: Bennohaus/AK Ostviertel
Im Juli 1978 erhielt es erstmalig eine hauptamtliche Leitung, mit der Joachim Musholt betraut wurde. Sein Arbeitsauftrag war es, die Jugendarbeit im Ostviertel zu beleben. Der studierte Diplom-Designer Musholt qualifizierte sich in den Jahren von 1982-1986 zum Diplom-Pädagogen. Das Bennohaus entwickelte sich unter dem damaligen Jugenddezernenten und späteren Münsteraner Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann über eine Einrichtung der Jugendpflege hinausgehend weiter zu einer offenen Einrichtung im Stadtteil.
Im Arbeitsschwerpunkt „offene Kinder- und Jugendarbeit“ bot man z.B. ab 1986 Osterferien- und ab 1989 Sommerferienprogramme an. Es gab Spiel- und Leseclubs, Hausaufgabenhilfe für deutsche und ausländische Kinder, man versuchte integrative Formen der Arbeit zu finden.
Kinder und Jugendliche beim Tischtennis Quelle: Bennohaus/Ak Ostviertel
Neuland und wirksam für sehr viele Menschen im Ostviertel wurde die stadteilbezogene Arbeit des Bennohauses, in dem es die Zusammenarbeit vieler Institutionen wie z.B. die Kirchengemeinden, Schulen, Sportvereine und andere Organisationen im Quartier zusammenbrachte. Laut Veröffentlichung des AK Ostviertel wurde 1987als erster Schritt ein Förderverein gegründet. Das Interesse und der Zuspruch aus dem Münsteraner Osten waren sehr hoch. Am 10. Dezember 1987 wurde der Arbeitskreis Ostviertel e.V. aus der Taufe gehoben und Anfang1988 in das Vereinsregister eingetragen. Der neue „Stadtteilverein“ wurde aktiv:
„Maßnahmen waren neben der Gründungsversammlung am 04.05.1987 unter anderem Kinderfeste, Pressekonferenzen, Sommerfeste sowie die Gründung von Sport-und Geschichtsarbeitskreis und zahlreiche Projekte mit Schulen.“(siehe: 30 Jahre Bennohaus AK Ostviertel e.V., S.15).
Infolge der stadtteilbezogenen Entwicklung mit alltagskulturellem Schwerpunkt löste sich das Bennohaus aus der traditionellen Jugendpflege und der Trägerschaft des Jugendamtes und wurde zum 1.1.1989 dem Kulturamt zugeordnet. Diese Einbindung hat bis heute Bestand.
Als weiterer Entwicklungsschritt muss der 1990 beschlossene Neu-und Umbau des Bennohauses zu einer „öffentlichen Begegnungsstätte“ gewertet werden. Mit einem multifunktionalen Raumangebot auf fünf Ebenen setzte das Bennohaus ab 1993 in der gesamten Stadt Münster ein Zeichen. Neben einem Werkstattbereich für kreatives Arbeiten, Räumen für Kurse, Schulungen, Gruppengespräche usw..wurde es später noch erweitert um technische Möglichkeiten zur Nutzung für Produktionen im Video- und Audiobereich sowie den Bürgerfunk. Daneben gab es auf der Hauptebene ein Foyer mit einem bewirtschafteten Café und einen Saal, der mit Veranstaltungstechnik ausgestattet war.
Das alles hatte seinen Platz in einem lichtgefluteten Gebäude mit großer Terrasse und Blick auf den Kanal sowie den Saxonen-Sportplatz im Herzen von „Klein Muffi“.
Das hochwertige Kleinkunst- und Kabarettangebot lockte in den 90er Jahren die „creme de la creme“ des deutschsprachigen Kabaretts in das Bennohaus und machte die Bühne zu einer der ersten Adressen im gesamten Stadtgebiet für dieses Genre. Bis 1998 traten die Münsteraner Kabarettisten „Die kleinen Mäxe“ mehrfach im Saal des Bennohauses auf und erkoren es zur damaligen Hausbühne. Die Nachfolgeformation STORNO gastierte ab 2005 auch einige Male hier. Viele Bürgerinnen und Bürger entlang der „Wolbecker“ und aus dem gesamten Stadtgebiet nahmen in den 1990er/2000er Jahren dieses Angebot wahr, nutzen das tolle Bildungs- und Freizeitangebot des Hauses. Dieser Mix aus Kinder- und Jugendarbeit, die Senioren- und Migrantenarbeit unter der inhaltlichen und organisatorischen Verantwortung durch den AK Ostviertel e.V. entsprach den gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen. Er bot eine Alternative zu den immer weniger in Erscheinung tretenden und wahrgenommenen Angeboten der traditionellen Akteure der Alltagskultur, die im Ostviertel zunehmend verschwanden.
In einem weiteren Entwicklungsschritt wandelte sich das Bennohaus leise von einem stadtteilbezogenem Kulturangebot zu einem regionalem Zentrum im Bereich der Medienarbeit mit internationalen Kontakten und weitgehend selbst organisierter Finanzierung und eigener Trägerstruktur.
Gegenwärtig arbeitet das Bennohaus an einer Profilschärfung und wird in diesem Prozess intensiv vom Kulturamt der Stadt Münster unterstützt.